Uns geht es doch gut! Armut gibt es keine. Was für eine Poltische-Lüge!
Für Millionen Menschen in Deutschland hat die Lebensqualität in den letzten 20 Jahren rapide abgenommen
Armut mit System. Hier findest Du den Schneeball
Deutschland verfügt über eine der größten Wirtschaften der Welt. Nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt Deutschland derzeit weltweit auf Rang 18. Alles in allem könnte man also meinen, der deutschen Bevölkerung gehe es recht gut. Allerdings erzählen diese Zahlen nur die halbe Wahrheit. Auch hierzulande ist Armut ein wachsendes Problem.
Trotz einer wachsenden Wirtschaft hat die Zahl der Menschen, welche in Deutschland als armutsgefährdet gilt, in den letzten 15 Jahren kontinuierlich zugenommen. Dieses Ergebnis geht aus den Daten des Bundesamtes für Statistik hervor. Für 2020 vermeldete der Paritätische Armutsbericht, dass 16,9 Prozent der Bevölkerung in Armut lebe oder von dieser bedroht sei. Seit der Wiedervereinigung waren niemals mehr Menschen in Deutschland von Armut gefährdet.
Doch woran genau liegt das? Niedriglohnsektor und prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu
Einer der Gründe für diese Entwicklung ist der wachsende Niedriglohnsektor in Deutschland. Als Niedriglohn wird ein Stundenentgeld bezeichnet, welches um mindestens zwei Drittel unter dem mittleren Bruttostundenlohn liegt. Derzeit arbeiten rund 20 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland im Niedriglohnsektor. EU-weit hat Deutschland damit den sechsthöchsten Anteil. Die östlichen Bundesländer sind hiervon mir 34 Prozent doppelt so stark betroffen wie der Westen mit 17 Prozent.
Neben dem Niedriglohnsektor sorgt auch die stetig wachsende Zahl jener Menschen, deren Arbeitsverhältnisse als prekär gelten, für eine Zunahme der Armut. Nachdem 2003 im Zuge der Hartz-Reformen Mini-Jobs und andere untypische Arbeitsverhältnisse in Mode gekommen waren, ist die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse in den folgenden Jahren stark gestiegen.
Der Kapitalismus ist nichts anderes als ein Schneeballsystem.
Laut einer Studie des Jenaer Wirtschaftssoziologen Klaus Dörre fallen mittlerweile rund 14 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland in die sogenannte “Zone des Prekariats”. Der Großteil von ihnen ist dabei auch von Armut gefährdet.
Schlechte Bezahlung und dauerhaft befristete Arbeitsverhältnisse sind zudem keineswegs nur ein Problem bildungsferner Schichten, obwohl diese statistisch gesehen überrepräsentiert sind. Auch viele Hochqualifizierte leben heutzutage in prekären Verhältnissen. So sind beispielsweise neun von zehn Stellen an deutschen Hochschulen befristet.
Armut aufgrund steigender Kosten
Nicht nur die Zunahme schlecht bezahlter Arbeitsplätze sorgt für den Anstieg der Armut. Auch die immer weiter steigenden Kosten haben einen gewichtigen Anteil. Einer der größten Kostentreiber sind dabei die stetig steigenden Mieten.
Laut dem Statistischen Bundesamt leben aktuell 58 Prozent aller Deutschen zur Miete. Für Ein-Personen-Haushalte liegt die Quote gar bei 70 Prozent. Rund 14 Prozent der Bevölkerung war im Jahr 2019 durch ihre Wohnkosten überlastet. Von Überlastung wird in diesem Zusammenhang gesprochen, wenn mehr als 40 Prozent des Einkommens für das Wohnen ausgegeben werden müssen.
Auch diese Zahl hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Grund hierfür waren die steigenden Mieten. Im Vergleich zum Basisjahr 2015 sind die Mieten in Deutschland bis zum Oktober 2020 im Durchschnitt um 7,3 Prozent gestiegen.
Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen Durchschnittswert für Gesamtdeutschland. Vor allem in den großen Städten sind die Mieten in den vergangenen Jahren deutlich schneller gestiegen. So hat sich beispielsweise die Durchschnittsmiete in Berlin über die vergangenen zehn Jahre hinweg mehr als verdoppelt.
Die Mietkosten fließen zu 21 Prozent in die Berechnung des Verbraucherpreisindex ein. Auch alle anderen Kosten wie Strom, Gas, Lebensmittel, Kleidung, etc. sind für diesen von Bedeutung. Zusammen geben sie Auskunft darüber, wie sehr sich das Leben in Deutschland jährlich verteuert. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass der Verbaucherpreisindex in den vergangenen zehn Jahren siebenmal über dem Reallohnindex lag.
Mit anderen Worten: In sieben der zehn vergangenen Jahre überstieg die Verteuerungsrate den Anstieg der “realen” Löhne. Auch ohne den Verlust des Arbeitsplatzes können Menschen daher allmählich in die Armut rutschen.
Kinder erhöhen das Armutsrisiko
Statistische Erhebungen zeigen, dass das Armutsrisiko in Deutschland im Gleichschritt mit der Zahl der Kinder zunimmt. 2019 waren 9,4 Prozent aller Familien mit einem Kind unter 18 Jahren in Westdeutschland und 6,9 Prozent in Ostdeutschland von Armut gefährdet.
Bei zwei Kindern unter 18 Jahren stieg diese Quote auf 11,5 respektive 9,1 Prozent. Ab drei Kindern oder mehr ist hier jedoch ein deutlicher Anstieg zu beobachten. 26,2 Prozent der Familien mit drei oder mehr Kindern in Ostdeutschland und 32,4 Prozent in Westdeutschland sind demnach von Armut gefährdet.
Die Gründe hierfür sind nahe liegend. Kinder sind mit erheblichen Kosten verbunden. Nahrung, Kleidung, Elektronikgeräte sowie Kosten, die mit der gesellschaftlichen Teilhabe verbunden sind, können viele Eltern schnell überfordern. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung waren Familien und Alleinerziehende in den vergangenen 25 Jahren finanziell durchweg schlechter gestellt als kinderlose Paare. Die Kindergelderhöhungen der vergangenen Jahre haben diese Situation nicht nachhaltig verbessert.
Globalisierung als zweischneidiges Schwert
In der Vergangenheit wurde oftmals der Globalisierung eine Mitschuld an der steigenden Armut gegeben. Befürworter halten dem entgegen, dass durch sie hingegen weltweit deutlich mehr Menschen aus der Armut aufsteigen konnten. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft konnte im großen Maße vom wirtschaftlichen Aufstieg zahlreicher Länder profitieren.
Gleichzeitig hat die Globalisierung jedoch auch den weltweiten Konkurrenzdruck erhöht. In Ländern wie China können viele Produkte wesentlich billiger produziert werden als in den Industrieländern mit ihren hohen Löhnen. Die Ökonomen der Commerzbank kamen im Jahr 2017 zu dem Ergebnis, dass es hierdurch nicht nur zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer kommt.
Der Wettbewerbsdruck sorge demnach auch dafür, dass die Löhne hierzulande “gedeckelt” werden und die Gewerkschaften in eine schlechtere Verhandlungsposition geraten würden. Dies begünstigt wiederum den Anstieg des Niedriglohnsektors und sorgt dafür, dass die Löhne vielfach hinter der Teuerungsrate zurückbleiben. Insofern kann auch die Globalisierung als ein Faktor angesehen werden, welcher den Anstieg der Armut in Deutschland zumindest fördert.
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